Die Freddie Mercury Story #02 – Mother Mercury

Die Freddie Mercury Story #02 – Mother Mercury

Als Freddie mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Kashmira 1963 nach Europa kommt, scheint der Eiserne Vorhang, der den Osten vom Westen trennt und spätestens mit dem Bau der Berliner Mauer vor zwei Jahren für die ganze Welt sichtbar in die Herzen der Menschen einbetoniert ist, unbeweglich und starr. Der Zweite Weltkrieg wird noch für die nächsten Jahrzehnte seine blutige Spur aus dem Herzen der alten Welt kreuz und quer über den Globus gezogen haben und sie nicht verwischen können. Wenn auch Charles de Gaulle und Konrad Adenauer den Elysee-Vertrag im Januar unterzeichnet haben und sich an der Aussöhnung zwischen beiden Ländern versuchen werden.

Im Juni bekennt sich US Präsident John F. Kennedy zu Berlin und formuliert auf Deutsch „Ich bin ein Berliner“. Im Juli verhaftet man in Südafrika bei einer Razzia in Johannesburg Nelson Mandela und sperrt ihn für lange Jahre ein. Im August hält im fernen Washington Martin Luther King seine berühmte Rede „I have a dream“. Am 22. November wird John F. Kennedy in Dallas bei einem Attentat getötet. Im Dezember wird Sansibar, Freddys Heimat, ein unabhängiges Sultanat. Bis zum Beginn des neuen Zeitalters im Leben von Freddy soll es noch ganze sieben Jahre dauern. Die Zeit verbringt der junge Grafiker damit, unnachgiebig kreativ zu sein und immer neue Projekte anzugehen.

Freddy hasst es, sich zu langweilen, herumzusitzen und zu warten. Worauf auch? Über seinen Freund und Studienkollegen Tim Staffell lernt Freddy einen Typen namens Roger Taylor kennen, der Drummer ist und mit dem Tim in einer Band namens Smile spielt. Freddy freundet sich mit Roger an und wenig später betreiben sie gemeinsam ihren eigenen Klamottenladen im Londoner Kensington Market. Hier verkaufen sie neben eigenen, von Freddy entworfenen modischen Kreationen auch Merchandising Artikel von Smile. Die Stunde für Freddy, den Gutmenschen, soll irgendwann kommen. Das hat er sich selbst so ausgemalt. Denn was soll er sonst im grauen London, wo er ein sonniges Leben doch an seinem Traumstrand auf Sansibar so königlich hätte verbringen können?

Was um Himmels Willen hätte sonst der Sinn dieses krassen Ortswechsels gewesen sein sollen? So wartet Freddy auf seine Chance und begleitet die Band seiner besten Freunde Smile auf ihren Konzertreisen und verkauft dort für sie Fan Devotionalien, schleppt die schweren Verstärker und sonstiges Band Equipment und ist ihnen in Sachen Style und Bühnenshow immer beratend zur Stelle. Aber Freddy’s Stunde kommt, als Tim 1970 bei Smile hinschmeißt, um nun mit einem eigenen Projekt endlich Geld zu verdienen. Roger, ein Gitarrist namens Brian May und Freddy sind fortan unzertrennlich. Sie arbeiten an neuen, einzigartigen Songs und kreieren nebenbei noch einen völlig neuen Musikstil.

Freddy erfindet den neuen Bandnamen Queen, kreiert das Logo und entwirft die extravagante Bühnenkleidung. Mit Mike Grose am Bass gibt diese Formation aus vertraglichen Gründen noch unter dem Namen Smile am 27. Juni 1970 ihr Live Debüt in Truro. Es ist jedoch das letzte Konzert für Grose. Er will sich einen richtigen Job suchen und verlässt daraufhin die Band. Die Suche nach einem Bassisten geht also in die erste von noch vielen weiteren Runden. Nach einem Vorspielen wird Barry Mitchell als Bassist festes Bandmitglied. Anfang 1971 trennt sich Barry allerdings wieder von Queen. Es folgt ein kurzes Gastspiel von Duke Boogie bis Februar 1971. Die Bass-Krise bei Queen ist noch immer nicht ausgestanden.

Doch alle Unwägbarkeiten sollen sich doch noch zum Guten wenden. Als ein paar Monate später nun endlich John Deacon zu dieser eigenwilligen Formation stösst. Das Kunstobjekt Queen ist ready, um nun endlich den Rock Olymp zu erobern. Noch im selben Jahr gehen die vier ins Studio, um ihr erstes Demo aufzunehmen. Von 1971 bis 1973 ist Queen nur bei Live Auftritten zu hören. Am 5. Februar 1973 werden Freddie und Co. von John Peel für seine Sendung auf BBC Radio One „Sounds of the Seventie’s“ zu einer Session eingeladen. Hier entstehen die legendären Aufnahmen von „My Ferry King“, „Keep Yourself Alive“, „During All Right“ und „Liar“, die erst 16 Jahre später, im Jahre 1989, auf dem Record „Queen at the Beep“ veröffentlicht werden sollen.

Dass Freddy, alias Farrokh, permanent an seiner Person arbeitet, um auch aus sich selbst ein Kunstwerk zu machen, zeigt beispielhaft die Verwandlung seines Namens. Kam er zunächst als schüchterner Farrokh Bulsara von seiner Sonneninsel nach England, kannte ihn wenig später jeder seiner Freunde als Freddy Mercury. Aber erst mit dem Erscheinen des Demos von „My Ferry King“ nannte er sich schließlich Freddie Mercury. Im Songtext heißt es:

Mother Mercury, look what they’ve done to me. I cannot run. I cannot hide.

Auch im Hinblick auf das tragische Ableben von Freddie Mercury, welches im Jahre 1991 nicht nur die Musikwelt den Atem anhalten lässt, wirkt diese Zeile wie eine unheimliche Vorahnung.

Freddy bestätigt, dass es sich bei der Namensgebung um das Resultat seiner liebenden Verehrung für seine Mutter handelt. Seinen Entschluss zementiert er bei einem Interview mit der ihm eigenen direkten Art:

And from now on, i’ll be Freddie Mercury.

Aber mit dem Ruhm ist es noch nicht so weit. Denn die Band braucht einen Plattenvertrag. So werden sie innerhalb kurzer Zeit sämtliche Plattenfirmen mit dem Demotape bemustern, die zu dieser Zeit Rang und Namen haben. Die Reaktionen sind verhalten und alle bedauernd ablehnend. Aus diesem ernüchternden Extrakt der Absagen und Bedauerlichkeiten bleibt dann aber doch eine Company übrig, die sich zumindest mal für die Band interessieren. Bevor man aber über einen Vertrag reden will, soll die Band sich den Bossen zunächst einmal live zeigen, um zu beweisen, ob die Musiker das halten können, was sie auf dem Demo versprechen.

Eine Tanzveranstaltung im Londoner Forest Hill Krankenhaus soll es dann sein, auf der Freddie und seine Freunde als Queen alles geben, um den beim Gig anwesenden Barry Sheffield von Trident Audio Productions zu überzeugen. Und er ist es, worauf er Queen einen Vertrag anbietet. Knapp zwei Monate später, erst am 9. April 1973, fand die offizielle Presse Vorstellung der Gruppe Queen im Londoner Marquee Club statt. Nun überschlagen sich die Ereignisse, denn Freddie und Queen stehen vor der Veröffentlichung ihres ersten Albums mit dem schlichten Titel „Queen“. Doch bevor das Album am 13. Juli 1973 erscheint, wird noch am 6. Juli der Song „Keep Yourself Alive“ als Single veröffentlicht.

Das erste Queen Album, der Longplayer „Queen“, wird jedoch erst nach Erscheinen der kommenden Super Seller zu spätem Ruhm gelangen. Auf ihren Live Konzerten kann Queen mit ihrer Musik aber bereits schon zu diesem frühen Zeitpunkt das Publikum begeistern und die Band um Freddie Mercury entwickelt sich zu einem echten Geheimtipp. Die Leute erkennen, dass dieser extravagante Typ, der am Mikrophon und am Klavier die Menschen, die ihn hören und vor allem sehen, in seinen Bann ziehen kann.

Ganz anders verhält es sich mit den Vertretern der Presse, die mit Freddie, Brian, Roger und John offensichtlich ein Problem haben. Von den Beatles haben die weltbildformenden Klugscheißer bereits gehört und die Rolling Stones sind ihnen ebenfalls bekannt. Kein Wunder, denn diese beiden Rock-Heroen beherrschen zu dieser Zeit bereits vollständig die Musikszene Englands. Was soll nach Bretterknallern wie „I can get no Satisfaction“ oder „She loves you“ noch kommen? Auf keinen Fall schwule Beatmusik mit einem Sänger, dessen Äußeres, dessen ausgefallene Ideen von einer Bühnenshow und dessen theatraler Habitus an einen Möchtegern-Pfau erinnern. Da ist sich die Fachpresse einig.

Aber die Einigkeit der Band Queen, etwas anderes zu versuchen und daran akribisch zu arbeiten, ist es auch, was die Klugscheisser Elite zu dem degradiert, was sie schon in diesem Augenblick sind, Klugscheißer. Das Verhältnis zur Presse wird sich auch in den kommenden Jahren nicht wirklich entspannen. Legendär ist Freddys Pose, mit dem ausgestreckten Mittelfinger in Richtung Journaille zeigend, verbunden mit der Kampfansage:

Fuck the press!

Und bis zu einer Entspannung wird noch eine Menge Wasser die Themse hinunter fließen und Freddie Mercury mit Queen eine ganze Menge Longplayer, Singles, Videos und einen ganzen Haufen Konzerttickets verkauft haben.

Wie es weitergeht, erfahren Sie in der folgenden Episode.

Autor/Produzent: David Stern
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Hörstück-Länge: 14:48 min
© 2022 david-stern.com

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